Jelisaweta Bam
von Daniil Charms | aus dem Russischen von Lothar Trolle
Jelisaweta Bam soll verhaftet werden! Zwei Herren stehen vor ihrer Tür und drohen, diese selbst zu öffnen, wenn sie es nicht tut. Sie soll für ein Verbrechen büßen, das erst noch stattfinden wird. Die beiden Herren verschaffen sich schnell Einlass, plaudern mit Mama und Papa und lassen sich zu artistischen Kunststücken hinreißen. Man spricht in Silben oder spielt ein Instrument. Jelisaweta Bam droht der Tod, Papa fordert einen der beiden Mächtigen zum Zweikampf heraus. Eine Szenerie, die Themen wie politische Willkür und brutale Machtausübung aufgreift, verpackt in virtuoser Sprachakrobatik. Daniil Charms Stück, das aus locker zusammenhängenden Szenen besteht, wirft jede Chronologie über Bord, und spielt mit verschiedenen musikalischen und szenischen Genres.
Daniil Charms rebellierte mit der Vielzahl an Gestaltungsmitteln gegen das herkömmliche realistisch-naturalistische russische Drama seiner Zeit. Er schrieb „Jelisaweta Bam“ für die Theatersektion der Avantgarde-Gruppierung Oberiu, die das Stück im Januar 1928 unter seiner Regie uraufführte. In ihrer Deklaration heißt es: „Die dramaturgische Handlung des Stücks wird von vielen quasi nebensächlichen Themen verwackelt, enthält aber eine szenische Handlung, die sich mit Sturmgewalt aus allen Elementen unseres Spektakels heraus entwickelt.” Daniil Charms konnte aufgrund der staatlichen Restriktionen unter dem Stalinismus kaum veröffentlichen. Erst posthum konnte sein umfangreiches dramatisches Werk erschlossen werden.
Aufführungsrechte henschel SCHAUSPIEL Theaterverlag Berlin
Pressestimmen
Was unser gegenwärtiges, eher zu Schwermut und sublimierter Empörung neigendes Theater lernen kann, ist auf jeden Fall der spielerisch-offensive Umgang mit Nöten, das im Halse stecken gebliebene und sich dennoch befreiende Lachen. Den Glauben an die überwindende Kraft von Esprit, Fantasie und Jonglage mit den Weltproblemen. Denn im Vergleich mit unserem heutigen, meist autosuggerierten Elend waren die damaligen Verhältnisse wirklich existenzbedrohend.
(Michael Bartsch auf nachtkritik)
Mögen sich bei Kafka, dem Erzähler, oder den Verfassern subtiler Traumspiele Strukturen einer imaginären Realität dingfest machen lassen – im Plauener Studio zerfleddert und zerstiebt Charms’ Stück zu einem ausgelassen bunten Blütenregen des Blödsinns, in schriller Schreierei und jubelndem Gelächter, zu krausem Possenspiel, Pantomime, turbulenter Travestie. Vermutlich hat es der Dichter so gewollt.
(Michael Thumser im Hochfranken-Feuilleton)
Wer das Impro-Format Theatersport des Schauspielensembles am Haus mag, wird diesen 75-minütigen Ausflug lieben.
(Nicole Jähn für Freie Presse Zwickau)
Webseite: https://www.theater-plauen-zwickau.de/spielplan.php?id=2104